Wie kam es zur Realisierung der Brünnensweiler Kapelle?
Mit dem Niedergang des Nationalsozialismus und den verheerenden Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs folgten ab 1945 entbehrungsreiche Nachkriegsjahre. „Not führt zu Gott“ – die Kirche wurde zum Zufluchtsort und die Älteren unter uns können sich noch gut daran erinnern: Die Gottesdienste damals erfreuten sich eines enormen Zuspruchs.

Dankbarkeit darüber, dass diese schreckliche Zeit unbeschadet überstanden ward sowie der Wunsch nach Frieden in der Welt förderten in der katholischen Pfarrgemeinde die Absicht, auf „Tettnangs Aussichtsterrasse“ eine Marienkapelle für die „Königin des Friedens“ zu errichten. Erleichtert wurde dieses Anliegen durch das Entgegenkommen der Familien Arnegger und Köberle, die unentgeltlich das entsprechende Grundstück zur Verfügung stellten.

Für Trägerschaft und Realisierung legte sich alsbald die Kolpingfamilie Tettnang ins Zeug. In Pfarrer Gögler fand sie einen eifrigen Befürworter. Während die Planungen liefen, wurden Spenden gesammelt, wobei sich das heutige Kolping-Ehrenmitglied Paul Rolser an Ferientagen durch besonderen Sammeleifer hervor tat. Bei der Realisierung der Kapelle waren etliche handwerklich versierte Mitglieder begeistert dabei, so dass es schließlich bei Kosten von 5000 DM blieb.

Am 30. Mai 1954 fand nach einer Prozession von Tettnang herauf die Einweihung der Kapelle statt. Die Anteilnahme war groß, der Kirchenchor dabei. Dekan Funk aus Langenargen nahm die Weihe vor und als Festprediger hatte man den Schweizer Jesuitenpater Mario von Galli eingeladen – ein junger, begnadeter und in Tettnang stets hochgeschätzter Gast.

Für die Landjugend wie die Kolpingsfamilie war es fortan selbstverständlich, dass sie im Monat der Muttergottes zu Maiandachten eingeladen haben, wobei hinterher auch stets die herzliche Verbundenheit mit den Bewohnern von Brünnensweiler gepflegt wurde. 1979 feierte man das 25-jährige Kapellenjubiläum. Wegen Regenwetter geschah dies in der St. Anna-Kapelle Tettnang. Danach jedoch ließ man es sich nicht nehmen, für ein Erinnerungsfoto auf die Höhe zu pilgern.

Liebevoll saniert, großzügige Spenden:
Wie bereits beim Kapellenbau engagierten sich später Kolpingmitglieder mit Eigenleistungen, wenn Sanierungen anstanden. Größere Instandsetzungsarbeiten fanden 1982 statt, als der Eingang mit einem Vordach versehen und neue Türen gefertigt wurden. Die Kosten von 8585 DM wurden durch großzügige Spenden und aus der Kolpingkasse gedeckt. Rechtzeitig vor dem 50-jährigen Bestehen wurde die Kapelle im Spätherbst 2003 durch Kolpingmitglieder und örtliche Handwerker erneut instand gesetzt, wobei wiederum dank Spenden und Eigenleistungen die Kosten in erträglichen Grenzen blieben.

Mitglieder des Schwäbischen Albvereins Tettnang waren hier ebenfalls tätig, um den Weg über die Brünnensweiler Höhe rechtzeitig zum Jubiläumsfest am 28. Mai neu zu richten. Hier vereinen sich der Hauptwanderweg 4 des SAV mit einem Teilstück des oberschwäbischen Jakobuswegs sowie dem Jubiläumsweg durch den Bodenseekreis. Dem Albverein gebührt ohnehin besonderer Dank, denn all die Jahre wurde von dessen Wegwarten der Pfad bestens instand gehalten und mit Spenden wurde zudem zur Kapellensanierung beigetragen.

Zum Nachdenken:
Von fünf Jahrzehnten künden inzwischen auch die beiden Linden vor der Kapelle, die prächtig gewachsen sind und den Pilger wie Wanderer erfreuen, wenn sie das Summen der Bienen im Frühling bei der Lindenblüte vernehmen oder den Schatten der Bäume an Sommertagen genießen. Im Gegensatz zu ihnen ist der damalige Glaubenseifer spärlicher geworden. Geblieben ist die Liebe der Tettnanger zu diesem prächtigen Ausblick, der immer wieder aufgesucht wird in vielfältigen Anliegen und vor allem im Mai als Gebetsort geschätzt wird.

Wo man die Stille hört

Wie lieb ist mir ein Ort, der wie ein Stern hernieder lacht.
Oase der Ruhe, friedlich Hort, Wohlgeformter Hügel sacht.

Gern rast ich unter Baumes Kron, auf der moosbewachsenen Bank.
Ringsum Stille der ich froh, oh welch segensreicher Trank.

Die Stille, man kann sie hören, spürt den Atem der Natur.
Kein Laut vermag zu stören, allenthalben Friede nur.

Allein Wind spielt mit den Zweigen, Rührt das Geäst der Linde sacht.
Als wärs ein Tanz, ein Reigen, in heller, lauer Sommernacht.

Das Auge halb geschlossen, träum ich vor mich hin.
Während drüber, Wolken unverdrossen, im Schäfchenkleid vorüber ziehn.

Ich zähl die Schmetterlinge, sie leuchten farbenfroh im Licht.
Ich fühl noch viele andere Dinge, doch hören, hören tu ich’s nicht.

Beinah hätt ich überseh’n, die kleine Kapelle nebenan.
Weil Zweige drüber stehn, vom einz’gen grünen Tann.

Dazu, wie gemalt ein Bild, gleich dem Teppich, flach der See.
Gerahmt vom Berge, hoch und wild, Häupter, gleißend hell im Schnee.

So sitz ich einsam und allein, bis mich schreckt ein Glockenschlag.
Geschieden, es muss wohl sein, weil Zeit auch hier nicht stehen mag.

Ich setz Schritt um Schritt vor mich, steig gestärkt hinab ins Tal.
Oh Brünnensweiler – Höhe, wie lieb ich dich, auf Wiedersehen ein andermal

Verfasser: Werner Traub,
Friedrichshafen 21.02.2020
für Kolping entdeckt von Eberhard Rapel